Eine Gruppe von Freunden, 28 Hektar Land, 1 Mission: Das Weingut Virtus im serbischen Viteževo
Nachdem uns unsere Juli-Weinreise in das prosperierende Weinland Slowenien geführt hat, schauen wir diesen Monat etwas weiter südlich, im ebenfalls ex-jugoslawischen Serbien, vorbei.
Serbien? Und ob! Wie die weinbaulich bekannteren Nachbarn Kroatien und Slowenien, blickt auch das Kernland des Balkan auf eine mehr als 2000jährige Weinkultur zurück, die im Laufe der Zeit immer wieder stark in Bedrängnis geraten ist – sei es durch die osmanische Eroberung im 14. Jahrhundert oder, im qualitativen Sinne, durch die Massenproduktion während der Zugehörigkeit zu Titus‘ Jugoslawien. Auch der blutige Bürgerkrieg der 90er Jahre kommt einem sofort in den Sinn, wenn der Name Serbien fällt, aber von den vielen aufstrebenden Winzern, die an die alte Größe ihrer Weinnation anknüpfen, den auch touristisch sehr attraktiven Weinbaugebieten und den bis heute sehr präsenten autochthonen Rebsorten ist bei uns nur wenig bekannt.
Unter den rund 54.000 Hektar Rebflächen in Serbien sind unter anderem die Fruška Gora an der Grenze zu Kroatien, die Timočka krajina in Ostserbien, der Toplički okrug um Kruševac und die Landschaften der Großen und Südlichen Morava bedeutende Weinproduzenten.
In der Großen Morava, genauer gesagt im hübschen Viteževo, rund 50 km südöstlich vonBelgrad, liegt auch das 2010 gegründete, eindrucksvolle Weingut Virtus – 2016 erfolgreicher Teilnehmer des ersten PAR® Wine Award International. Hier hat sich eine Gruppe befreundeter Weinenthusiasten zusammengetan, um den Gewächsen ihrer klimatisch so begünstigten Region zu neuer Anerkennung zu verhelfen. Wie sie dabei vorgehen, welche Rebsorten sie anbauen und wie sie den Weintourismus im Land sehen, verrät uns Milorad Halavanja im Interview:
Herr Halavanja, das Weingut Virtus ist nicht das Werk eines Einzelnen, sondern eigentlich das eines ganzen Kollektivs von Weinenthusiasten. Wer steckt alles dahinter?
M. Halavanja: Richtig, hinter der Virtus Winery stehen mehrere Weinliebhaber, darunter gute Freunde, die sich aus anderen Tätigkeitsfeldern kennen, die das Potential von Wein-An- und Ausbau [hier in Serbien] erkannt haben. Wir haben das Weingut 2011 gegründet und damit begonnen, unsere Weinberge zu kultivieren – an einem Platz, der in Serbien als Weinregion bekannt ist. Von der Zuordnung her ist das Weingut mit seinen 17 Hektar Rebfläche in der Region Mlava, nahe des Dorfes Viteževo, in Zentral-Ost-Serbien angesiedelt.
Aus der Gestaltung Ihres Logos und auch aus Ihrem Slogan “Read the wine – taste the history” geht hervor, dass die Geschichte des Weinlands Serbien für Ihre Unternehmensphilosophie eine große Rolle spielt. Wie würden Sie Ihre „Mission” beschreiben?
M. Halavanja: Unsere Mission ist es, die Weinbaugeschichte in diesem Teil Serbiens wiederzubeleben und zu dieser Tradition zurückzukehren, aber mit modernen Methoden und Techniken, die in einigen der berühmtesten Weinregionen Europas und der Welt angewandt werden. Dieser Teil Serbiens hat ein sehr großes weinbauliches Potential, aber uns ist bewusst, dass es viel harte Arbeit, Mühe und Zielstrebigkeit brauchen wird, um unser Ziel zu erreichen. Unser Logo haben wir der Donaukultur entliehen, jener uralten Zivilisation, die vor einigen tausend Jahren in dieser Region gelebt hat. Die Figur repräsentiert eine Frau mit ausgestreckten Händen/Armen, was Wohlwollen und Willkommen- sein symbolisiert – und damit auch das, was unsere Gäste im Weingut Virtus erwartet.
Knüpfen Sie auch in Sachen Kellertechnik an alte Traditionen an oder sindIhre Weine eher modern ausgebaut? Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?
M. Halavanja: Wie bereits erwähnt, kommen bei uns moderne Techniken zum Einsatz, allerdings mit dem Ziel, dass unsere Kunden in unserem Wein den Charakter des Klimas, der Rebsorte und nicht zuletzt auch den unserer Vision und Philosophie wiederfinden. Natürlich beobachten wir auch Trends und passen uns den Bedürfnissen des Marktes und unserer Kunden an, denn am Ende des Tages tun wir das alles ja für sie.
Ihre Weinberge umfassen 27,5 Hektar Land: Welche Rebsorten bauen Sie an? Spielen auch autochthone Sorten eine Rolle?
M. Halavanja: Tatsächlich im Ertrag stehen momentan 15 Hektar unseres Landes; zwei Hektar sind junge Weinberge und rund 10 Ar werden derzeit für neue Pflanzungen vorbereitet. Es gibt schon Pläne für die Zukunft, aber darüber können wir an anderer Stelle reden…
In unseren Weinbergen stehen vorwiegend international bekannte Rebsorten. Wenn wir bei den weißen starten, haben wir Sauvignon Blanc, Grauburgunder und Gewürztraminer, und bei den roten Sorten sind es Marselan, Spätburgunder, Cabernet Sauvignon und die serbische Sorte Prokupac.
Der Mensch ist ja ein sinnliches Wesen….welche Aromen erwarten uns in einem Glas Ihres Prokupac und was würden Sie einem Gast dazu servieren?
M. Halavanja: Prokupac ist eine Sorte, die ausdrucksstarke Wein emit charakteristischen Aromen hervorbringt, die aber je nach Ort des Anbaus variieren. In unserem Virtus Prokupac findet sich ein feiner, aromatischer Duft mit Mineralien und erlesenen Aromen sowie barocke Tannine, die den Wein zu einer guten Wahl Machen, wenn dazu traditionelle serbische Gerichte, wie Schweine- oder Lammbraten, Spezialitäten von Wildschwein Hirsch und Reh oder Sarma (Anmerkung der Red.: Serbische Kohlroulade).
Ihr Weingut ist nicht nur architektonisch äußerst ansprechend, es ist auch landschaftlich wunderschön gelegen und nicht weit von der Hauptstadt entfernt. Spielen der Tourismus und insbesondere Weinreisen eine zunehmende Rolle in Serbien?
M. Halavanja: Die Weinkultur ist auf einem guten Weg, aber aufgrund der Ereignisse in der Vergangenheit wird es noch lange dauern, bis wir uns dem Level der führenden Weinnationen annähern können. Virtus wurde designed, um nicht nur durch den Wein Freude zu bringen; es soll seinen Besuchern vielmehr eine ganzheitliche Erfahrung ermöglichen – mit einer Tour durch die Weinberge und das Weingut und schließlich mit dem Genuss der Weine, begleitet von einer wunderschönen Aussicht auf die umliegende Landschaft. Der Weintourismus in Serbien ist vielversprechend und ich bin sicher, dass Urlauber, die hierher kommen, die Schönheit unseres Landes mit Freude kennenlernen werden, zu der – so hoffe ich – auch unser Weingut einen Teil beiträgt, ebenso wie viele andere wundervolle Weingüter in ganz Serbien.
Last but not least, eine Frage zum Vertrieb: Produzieren Sie hauptsächlich für den heimischen Markt oder verkaufen Sie Ihre Weine auch international? Gibt es Bezugsquellen in Deutschland?
M. Halavanja: Momentan sind wir hauptsächlich in unserem Heimatmarkt präsent, aber es hat bereits Exporte in die Schweiz und nach Russland gegeben. Für den Anfang war es wichtig, dass wir uns hier in Serbien zeigen und beweisen, aber natürlich denken wir darüber nach, unseren Vertrieb nachhaltig auf andere Märkte auszuweiten – darunter auch Deutschland, wo wir derzeit leider noch nicht vertreten sind, aber wir hoffen, dass sich diese Wege bald eröffnen werden.
Vielen Dank für Ihre Zeit! Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg und sind gespannt auf die nächsten Jahrgänge!
Weitere Informationen zur Vinarija Virtus und ihren Weinen unter www.vinarijavirtus.rs/en/