Von alten Liebesgeschichten und neuen Leidenschaften….

Wo Tradition und Experimentierfreude gleichermaßen zuhause sind:           Ein Blick ins Weinland Istrien

Ferne, mächtige Bergrücken auf der einen Seite, das glitzernde Blau des Mittelmeers auf der anderen, und dazwischen: sanfte Hügel, sattes Grün, ein freundlicher Esel und…Weingärten. Wir begeben uns bei unserem spätsommerlichen Ausflug in die Weinländer der Welt auf die kroatische Halbinsel Istrien – ein Urlaubsparadies mit einsamen Buchten, pittoresken Hafenstädtchen und romantischen Bergdörfern. Und das Zuhause einiger herausragender Weinbaubetriebe.

Dorf-Istrien-April15 (Small)Kommt man mit affinen Urlaubern auf das Thema Wein zu sprechen, wissen viele, dass Kroatien und insbesondere Istrien eine wahre Schatzkammer ist. Aber auch, dass man oft ein wenig suchen muss, bis man „originale“ Erzeugnisse findet, in denen sich Klima, Boden und Rebencharakter wiederspiegeln.

Um das zu erklären, lohnt ein Ausflug in die Geschichte, denn Kroatien ist ein uraltes Weinland, dessen frühe Siedler, die Illyrer, die Rebe bereits im 7. Jahrhundert v. Chr. kannten. Der Weinbau hielt dann mit den Griechen Einzug, die zunächst an der Adriaküste und auf den Inseln siedelten. Von den Römern wurde er kräftig gefördert und nach Ankunft der Kroaten in Dalmatien wurden Weinbau, Olivenanbau und Fischerei zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen. Durch die Reblauskatastrophe, politische Wirren und die Förderung von Großbetrieben nach Ende des zweiten Weltkrieges geriet die große Weinnation im späten 19. und 20. Jahrhundert in Vergessenheit. Erst nach Ende des Balkankrieges in den 1990er Jahren begannen ambitionierte Winzer, sich aus den alten Strukturen der staatlichen Weinwirtschaft zu befreien und qualitative, charakterstarke Weine zu produzieren.

Am Beispiel Istrien zeigt sich, wie erfolgreich einige Regionen mit diesem Unterfangen heute sind, denn die Weinszene auf der nördlichsten Halbinsel des Landes lebt. Man findet vor allem Traditionssorten, wie Mal­va­zija und Refošk, aber auch internationale Reben, wie die weißen Burgundersorten, Merlot oder Cabernet; die Kellertechniken sind modern, aber auch die Tradition wird vielerorts hochgehalten.

Ein Kuriosum: Istrien ist die einzige Region Kroatiens, in der Schaumwein produziert wird. Eine Tatsache, die der Legende nach auf eine Liebesgeschichte zurückgeht. So soll Napoleon, nachdem er Kroatien erobert hatte, einen verwundeten Soldaten in Istrien zurückgelassen haben, den eine junge Istrianerin bei sich aufnahm und gesund pflegte. Die beiden lebten fortan in einer glücklichen Liebesbeziehung und als Zeichen seiner Dankbarkeit enthüllte der Soldat seiner Frau das Geheimnis des Champagners, weshalb der Schaumwein auch heute noch in dieser Region zuhause ist.

Das Weingut Kabola in Momjan gehört zu den Erfolgsgeschichten Istriens. Hier wird nach ökologischen Richtlinien gearbeitet und ein großer Fokus liegt auf der Arbeit im Weinberg. Die Reben werden mit Sorgfalt gepflegt, damit die Natur im Keller ihren Lauf nehmen kann und Kellermeister Marino Markežić nur noch die Richtung vorgeben muss – eine Philosophie, die seit einigen Jahren in der Herstellung von Amphorenweinen eine weitere Steigerung erlebt. Wir haben ihn gefragt, wie es dazu kam, welche Bedeutung Bio für die Weinszene Kroatiens hat und was es mit dem istrischen Schaumwein auf sich hat.

Herr Markežić, erzählen Sie uns doch kurz etwas zur Geschichte Ihres Guts. Wann haben Sie und Ihre Familie begonnen in Momjan Wein an- und auszubauen und auf welche Rebsorten haben Sie sich spezialisiert?

MM: Die Weinhistorie der Familie Markežić geht auf das Jahr 1891 und den Momjaner Muscat zurück. Ich bin nun die dritte Generation, die in unserer Familie die Tradition des Weinbaus fortführt und habe die Marke Kabola geschaffen. Obwohl es noch ein paar Flaschen Momjaner Muscat aus dem Jahr 1891 in unserem Keller gibt, bezeichnen wir eher 1981 als das Gründungsjahr der Marke Kabola. Früher waren die Weine viel einfacher; die Produktion war nicht so anspruchsvoll wie heute.

Die Rebflächen liegen auf einem Hügel namens Štancija, nahe unserem Weingut in Kanedolo. Wir haben dort mergelreiche Lehmböden, was den Weinen eine besondere Charakteristik verleiht. Die Lage ist im Nordwesten der istrischen Halbinsel auf 275 Metern Seehöhe; der Blick erstreckt sich von den Dolomiten und den Alpen auf der einen Seite, bis zu grünen Landschaften und Meerespanorama auf der anderen. All das hat mich dazu ermutigt, die Tradition unserer Familie fortzuführen und Kabola zu einer bekannten Marke zu machen. Heute verfügen wir über 20 Hektar Rebfläche und produzieren 11 verschiedene Weine, vom Schaumwein bis zum Dessertwein. Der Malvazija macht 70 Prozent unserer Produktion aus und drei verschiedene Stile werden aus dieser heimischen Sorte gekeltert: fruchtig-frisch, gereift und Amphoren-Malvazija. Die Basis für unseren Schaumwein ist ebenfalls Malvazija. Zudem kommen zwei weitere autochthone Rebsorten zum Einsatz: Momjaner Muscat und Teran. Der im Eichenfass gereifte Rotwein wird aus Teran gemacht, ebenso wie der “Rosa“ und ein Amphoren-Rotwein, der noch  nicht auf dem Markt ist. Aus dem beliebten Muscat machen wir eine trockene Variante, den Secco, und einen Dessertwein, den Dolce.

Wenn man Ihre Website besucht, fällt sofort ins Auge, dass Sie mit Amphoren arbeiten. Wie sind Sie darauf gekommen? Gibt es für diese Weine einen Markt in Kroatien oder ist es eher eine Liebhaberei?

MM: Sowohl der Wein als auch die Amphore waren in Istrien schon immer präsent. Wir sind sehr stolz auf unsere Amphoren. Durch die verlängerte Fermentation und Zeit auf der Maische bis ins späte Frühjahr erlangt unser Malvazija eine völlig neue Dimension. Wir sind eines der wenigen Weingüter in Kroatien, die diese verlängerte Mazeration durchführen und glauben, dass der Malvazija so zu einem anspruchsvollen und komplexen Wein mit langem Nachhall und einem ganz anderen Geschmacksbild werden kann. Amphorenweine haben bis zu 7 Monate Schalenkontakt. Die Tongefäße in verschiedenen Größen sind im Freien platziert und unseren ersten Amphorenwein haben wir 2005 gemacht. Wir versuchen, nach bestem Wissen einen Wein zu bereiten, der so nah wie möglich an die Weine herankommt, wie sie die alten Römer und Griechen hergestellt haben. Als wir damit anfingen war das eine Neuheit, heute ist die Methode anerkannt und es scheint auch einen Markt für diese Art Wein zu geben.

Ich habe schon immer an lange Mazerationszeiten geglaubt, auch bevor ich dieses Projekt in Angriff genommen habe. Die Mazeration verleiht den Weinen Komplexität und ein anderes “Gefühl” als es bei den frischen, fruchtigen und floralen Weinen der Fall ist. Sie haben Eleganz und Länge; der Nachhall ist außergewöhnlich und  langanhaltend.

Noch eine Frage zu Ihrer Kundschaft: Produzieren Sie hauptsächlich für den kroatischen Markt oder spielt auch der Export für Kabolas Weine eine große Rolle? Wenn ja, produzieren Sie verschiedene Weine für verschiedene Märkte?

MM: Die Marke Kabola ist in unserem Heimatmarkt und auch in den angrenzenden Ländern gut bekannt. Anspruchsvollere und informierte Kunden kaufen die Weine gerne im Handel und auch in Restaurants und Hotels sind sie zu finden. Am Export und der Positionierung in anderen Märkten arbeiten wir hingegen noch. Wir sind mit 25 Prozent unserer Produktion in 15 Ländern präsent und die Exportmenge wächst weiter. Wir glauben, dass unsere Weine mit ihrer top Qualität, unsere Philosophie und Terroir-Ausprägung jeden Weinliebhaber erreichen können, egal in welchem Land er oder sie lebt.

Ihre Weine sind bio-zertifiziert. Sehen Sie in Kroatien einen Trend zum Öko-Weinbau?

MM: Vergleicht man Kroatien mit den Ländern, in die wir exportieren, liegt noch ein langer Weg vor uns. Ökologische Produktion ist hier immer noch eine Nische. Die Konsumenten kaufen einen Wein noch nicht, weil er ein Öko-Zertifikat trägt; sie wählen nach Marke oder Preis. Deshalb müssen wir unsere Kunden informieren, wir müssen ihnen zeigen, was sie bekommen, wenn sie Biowein kaufen und, ebenso wichtig, was sie damit für die Umwelt tun. Das sollte die Aufgabe kroatischer Bio-Produzenten sein.

Zum Abschluss: In Ihrem Sortiment gibt es einen Schaumwein – in Kroatien eher eine Seltenheit. Gibt es einen bestimmten Grund dafür, dass kroatischer Sekt bis heute fast ausschließlich in Istrien hergestellt wird?   

MM: Schaumweine liegen mir sehr am Herzen. Daher wollte ich beweisen, dass man in Istrien guten „Bubbly“ herstellen kann. Die Idee kam während eines Aufenthalts in der Champagne. Nachdem ich mich mit allen Produktionsdetails des Sektkelterns auseinandergesetzt hatte, stellte ich fest, dass wir bestimmte Kleinlagen haben, die sich für die Schaumweinproduktion eignen. Ein Jahr später versuchte, ich, das zu beweisen, indem ich einen ersten Sekt aus Malvazija herstellte. Ich war allerdings nicht sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Also beschloss ich im Folgejahr 10 Prozent Chardonnay und 10 Prozent Pinot hinzuzugeben.

Diesmal war das Resultat gut und unser „Natural Sparkling Wine Re“ war geboren. Einige Jahre nach dem ersten Jahrgang, erhielten wir den Silver Decanter für Re. Das haben wir als Bestätigung dafür verstanden, dass man in Istrien top Schaumweine produzieren kann, wenn man die richtigen Lagen dafür hat.

Vielen Dank für Ihre Zeit, Herr Markežić. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg und sind gespannt auf die nächsten Kabola-Jahrgänge.

Wie die Winzer Sloweniens, Bulgariens, Montenegros und 17 weiterer, eher unentdeckter Weinländer der Welt, hat WINE System Kroatiens Erzeuger eingeladen, ihre Weine zum neuen PAR® Wine Award International anzumelden, der am 11. und 12. November 2016 Premiere feiert. Weitere Informationen zur Idee hinter der neuen Prämierung sowie zu den Teilnehmerländern und –Bedingungen findet Ihr unter www.par-wineaward.com.

 

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